1. Psyche – Was ist das und warum wird dieser Bereich in der RTK online berücksichtigt? – Eine Einführung

Zur Psyche gehören alle höheren Funktionen des menschlichen Gehirns. Diese Funktionen beeinflussen, wie Menschen denken, fühlen und handeln. Die Sportpsychologie als angewandte Wissenschaft untersucht die Psyche, also das Erleben und das Verhalten des Menschen, im sportlichen Kontext. Für den langfristigen Leistungsaufbau im Fechtsport bietet die Sportpsychologie zahlreiche fundierte Ansätze, die eine ganzheitliche Betrachtung von Entwicklungsprozessen in der Karrieregestaltung von FechterInnen ermöglichen.

Psychologische Aspekte können die Talententwicklung sowohl fördern als auch hemmen. Für eine optimale Ausbildung von talentierten FechterInnen ist deshalb ein stimmiges Zusammenspiel aller in der RTK aufgeführten Anforderungsbereiche zu gewährleisten. Eine technisch, taktisch und konditionell exzellent ausgebildete FechterIn wird ihren Weg in die Weltspitze nur dann erfolgreich beschreiten können, wenn sie sich beispielsweise kontinuierlich zum Training motivieren und unter Druckbedingungen im Wettkampf ihre Leistungen abrufen kann (Psyche: Motivation, Volition, Kognition). Die besten AthletInnen eines Vereins oder Landes werden nur dann im Mannschaftswettbewerb überzeugen, wenn sie nicht nur als EinzelkämpferInnen, sondern auch als Teammitglieder funktionieren (Psyche: Soziale Interaktion, Gruppendynamik). Eine SpitzenathletIn führt insbesondere dann ein ganzheitlich erfüllendes Leben und kann ihre gesellschaftliche Vorbildfunktion dann am besten wahrnehmen, wenn ihr Selbstkonzept und ihre Persönlichkeitsstruktur zum Lebensstil einer ProfisportlerIn passen (Psyche: Persönlichkeit, Selbst).

Auch TrainerInnen werden in der Begleitung und Ausbildung von AthletInnen mit einer Vielzahl psychologischer Anforderungen konfrontiert. Mehr zur Aus- und Weiterbildung psychologischer Kompetenzen von TrainerInnen finden Sie im Bereich Coach the Coach[1].

Die Potenziale im psychologischen Bereich werden in der Ausbildung von Talenten im Fechtsport aktuell bei weitem nicht ausgeschöpft. Wir wissen aus der praktischen Zusammenarbeit mit TrainerInnen aus unterschiedlichen Leistungsklassen, dass es in der eigenverantwortlichen Umsetzung psychologischer Trainingsinhalte Unsicherheiten und vereinzelte Vorbehalte auszuräumen gilt. Vor diesem Hintergrund ermuntern wir dazu, sich im Themenfeld Psychologie wann immer möglich fachspezifische Unterstützung zu organisieren. Stand April 2021 gibt es mittlerweile über 200 qualifizierte sportpsychologische ExpertInnen. Eine Übersicht ist hier[2] zusammengetragen[3]. Die RTK online bietet erstmalig strukturierte Ansatzpunkte für die Berücksichtigung psychologischer Aspekte im langfristigen Leistungsaufbau von Talenten im Fechtsport.

 


[1] Verlinkung zur Seite „Coach the Coach“

[2] Verlinkung zur Seite „Sportpsychologische ExpertInnen“

[3] Verbandspsychologe Martin Leo Reinhard (m.reinhard(at)fechten.org) unterstützt gerne bei der Vermittlung geeigneter sportpsychologischer ExpertInnen.

2. Was gehört eigentlich alles zum Bereich Psyche? – Eine Systematisierung psychologischer Anforderungen für den Fechtsport

Wie in anderen Bereichen der Talententwicklung gilt auch für den Bereich Psyche, dass eine Systamisierung der damit einhergehenden Anforderungen eine adequäte Identifikation von Potentialen sowie gezielte Förderung und Einflussnahme auf einzelne Aspekte ermöglicht. Die folgende Abbildung liefert einen vereinfachten Überblick über die verschiedenen Bereich der Psyche:

Kognition, Emotion, Motivation und Volition - Prozesse im psychischen System

Kognition

Unter dem Begriff Kognition werden alle Prozesse zusammengefasst, die bei der Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen beteiligt sind. Es geht im Bereich der Informationsaufnahme also vorrangig um Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsprozesse. Welche Informationen werden von AthletInnen durch die Sinnesorgane aufgenommen? Welche davon sind unbewusst und welche können explizit benannt werden? Wie werden die aufgenommenen Informationen priorisiert? Wie kann die Aufmerksamkeit so gelenkt und aufrechterhalten werden, dass eine optimale Handlungsfähigkeit im Gefecht hergestellt wird? Das Gefühl für die Faustposition, den Abstand und das GegnerInnenverhalten wird wesentlich durch trainierbare psychologische Fertigkeiten in der Wahrnehmungssteuerung und Aufmerksamkeitskontrolle bestimmt. Diese Fertigkeiten beeinflussen maßgeblich Aspekte der koordinativen Ausbildung von AthletInnen und haben einen großen Einfluss auf den Erfolg einer Aktion im Gefecht. Im Bereich der Informationsverarbeitung spielt insbesondere das Denken und Entscheiden eine wichtige Rolle. Wie werden die wahrgenommenen Informationen bewertet und welche Handlungen werden daraus abgeleitet? Wie können Daumenregeln (sogenannte Heuristiken) dabei helfen, handlungsfähig zu bleiben, wenn in einer konkreten Gefechtssituation nicht genügend Zeit zum ausführlichen Nachdenken bleibt? Wie können AthletInnen lernen, die „richtigen“ Entscheidungen im Gefecht zu treffen? Das Herausarbeiten einer cleveren Gefechtsstrategie und die Umsetzung der Gefechtstaktik (Verlinkung zu Taktik-Strategie-Regelkreis) gehört zu diesem Bereich der kognitiven Informationsverarbeitung genauso wie das Reagieren auf einen überraschenden Angriff der GegnerIn. Die Speicherung von Informationen erfolgt schließlich in verschiedenen Gedächtnissystemen. Diese ermöglichen die Aufbewahrung, den Abruf und die Anwendung von gespeicherten Informationen. Für den Fechtsport relevant sind hier beispielsweise psychologisch fundierte Maßnahmen (z. B. mentales Training) zur Verlangsamung des Vergessens von Bewegungsabläufen während verletzungsbedingter Pausen.

Emotion

Emotionen spielen im Sport sowohl für die AthletInnen selbst als auch für alle Beteiligten am Rande der Fechtbahn eine große und oftmals gefechtsentscheidende Rolle. Sie können die sportliche Leistungsfähigkeit beflügeln oder diese hemmen. Expertise in diesem Bereich der Psyche kann Antworten auf folgende Fragen geben: Was sollte eine TrainerIn tun, wenn ihr Schützling im Nachwuchsbereich nach dem dritten Gegentreffer in Folge regelmäßig in Tränen ausbricht und das Gefecht innerlich aufgibt? Wie beeinflussen laute TrainerInnen und ZuschauerInnen am Rande der Fechtbahn die Entscheidungsfähigkeit von KampfrichterInnen? Was tun bei aufkommendem Frust, Ärger oder bei AngstgegnerInnen? Was machen Freude und Druck mit der Leistungsfähigkeit einer FechterIn? Das menschliche Emotionserleben ist hoch individuell und variiert stark im Verlauf einer sportlichen Karriere. AthletInnen sollten im Rahmen eines langfristigen Leistungsaufbaus im Fechtsport lernen, die eigenen Emotionen bei Bedarf systematisch zu regulieren (Emotionsregulation, z. B. mit Entspannungsverfahren) und Informationen aus der Umwelt adäquat zu verarbeiten. Kritische Lebensphasen sollten in diesem Bereich dringend Berücksichtigung finden (mehr dazu im Anschnitt „Entwicklung“ weiter unten).

Motivation

In der Motivationspsychologie werden die Ausdauer und Intensität von Aktivitäten unter die Lupe genommen, die zur Zielverfolgung eingesetzt werden. Motive erklären, warum Menschen wie handeln und was sie für sich als ein attraktives Ziel bewerten. Kommt eine AthletIn zum Training, weil sie Leistung erbringen möchte oder wegen der herzlichen Gesellschaft in der Trainingsgruppe? Damit Talente langfristig im Fechtsport gehalten werden können, sollten TrainerInnen die Motivstrukturen ihrer AthletInnen kennen und diese in der Gestaltung des Trainings und des Vereinslebens berücksichtigen. Wenn Motive und die daraus entstehenden Bedürfnisse regelmäßig befriedigt werden, wird ein Dropout der AthletInnen unwahrscheinlicher. Auch im Umgang mit Siegen oder Niederlagen oder in der Formulierung von Zielen können AthletInnen und TrainerInnen von Erkenntnissen der Motivationsforschung profitieren.

Volition

Eng mit der Motivation verknüpft ist die Volition, also der Wille aus einer Motivation tatsächlich Taten entstehen zu lassen. Unzureichende Volitionsprozesse erklären, warum Menschen Neujahrsvorsätze formulieren und diese dann, obwohl sie hoch motiviert sind, doch nicht in die Tat umsetzen. Je besser eine AthletIn volitional ausgestattet ist, umso sicherer hat sie ihren „inneren Schweinehund“ im Griff. In der Ausbildung von Talenten im Fechtsport sollten sukzessive Strategien in der Selbstkontrolle und Selbstregulation erlernt werden, um die eigene Handlungskontrolle und die damit verbundene Leistungsbereitschaft zu erhöhen. 

Die bis hierher vorgestellten psychischen Prozesse funktionieren nicht isoliert voneinander. Kognition, Emotion, Motivation und Volition stehen in enger Wechselwirkung zueinander. Deshalb gilt auch hier der Grundsatz einer ausgewogenen Berücksichtigung und Ausbildung zur ganzheitlichen und verantwortungsvollen Entwicklung von Talenten innerhalb des Bereichs Psyche.

 

Persönlichkeit und Selbstkonzept - Strukturen im psychischen System

Persönlichkeit

Zeitstabile und situationsunabhängige Unterschiede zwischen Menschen werden neben den bereits erläuterten Bereichen der Psyche durch diePersönlichkeit, also die Struktur der Charaktereigenschaften, bestimmt. TrainerInnen können im Wettkampf beispielsweise beobachten wie AthletIn A unbefangen und fokussiert ihre Leistung abruft, während AthletIn B mit Nervosität und Unsicherheit auf die Wettkampfanforderungen reagiert. Im Training können SportlerInnen beobachtet werden, die eher reserviert und zurückhaltend agieren während andere gesellig und durchsetzungsbestimmt an der Einheit teilnehmen. Für die Ausbildung von Talenten im Fechtsport ist dieser Bereich der Psyche deshalb spannend, weil die Persönlichkeit das Erleben und auch das Verhalten in zwischenmenschlichen Interaktionen beeinflusst. Was macht die Persönlichkeit von LeistungssportlerInnen aus und wie können Talente darin unterstützt werden, ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln? Welche Charaktereigenschaften führen zu welchen Interessen und Verhaltensweisen? Welchen Einfluss hat der Charakter einer AthletIn oder TrainerIn auf die TrainerIn-AthletIn-Beziehung? Und inwiefern steht die Persönlichkeit einer FechterIn mit situativen Anforderungen im Zusammenhang? Für den Fechtsport ist der Einbezug von Erkenntnissen aus der Persönlichkeitspsychologie deshalb relevant, weil diese vorhersagen kann, wie die Charaktereigenschaften einer AthletInnen ihr Verhalten auf der Fechtbahn und in zwischenmenschlichen Beziehungen beeinflussen. Zudem können TrainerInnen angeregt werden, das Training sowie den Kontakt zu den AthletInnen möglichst so auszurichten, dass die individuelle Persönlichkeitsentwicklung im verantwortungsbewussten Leistungsaufbau gesundheitsförderlich erfolgt.

Selbstkonzept

Das Selbstkonzept einer AthletIn beschreibt das eigene Wissen darüber, wer sie ist. Das beinhaltet konkret beobachtbare Eigenschaften, wie Aussehen oder Alter, aber auch abstraktere Aspekte, wie Einstellungen, moralische Überzeugungen, Bewertungen oder Gedanken. Das Selbstkonzept entsteht aus Beobachtungen und Bewertungen des eigenen Verhaltens, durch Äußerungen von Mitmenschen und den Vergleich mit anderen. Aus dem Selbstkonzept leiten sich die eigene Identität, das Selbstvertrauen, der Selbstwert, Selbstregulationsprozesse und auch Selbstwirksamkeitserwartungen ab. Wie sollte das Selbstkonzept von AthletInnen aufgestellt sein, damit sie ein ganzheitlich erfüllendes Leben führen? Wie können Personen im direkten und erweiterten Umfeld einer Athletin dazu beitragen, dass Selbstvertrauen und –regulationsprozesse ausgebaut werden? Verschiedene wissenschaftliche Studien zeigen, dass mit dem Selbstkonzept in Verbindung stehende Bereiche (z. B. hohes Selbstvertrauen) mit einer höheren sportlichen Leistung einhergehen. Die Entwicklung eines positiven und realistischen Selbstkonzepts sollte für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Entwicklung von jungen FechterInnen berücksichtigt werden und im Sinne der kontinuierlichen Leistungssteigerung systematisch ausgebildet werden.

 

Lernen und Entwicklung - Veränderung von Strukturen und Prozessen im psychischen System

Lernen

Der Bereich Lernen geht im Fechtsport weit über das reine Erwerben von Bewegungskompetenz hinaus. Wir verstehen unter dem Begriff alle erfahrungsbedingten Veränderungen im Erleben und Verhalten einer AthletIn, zum Beispiel die Verbesserung von Kenntnissen (z. B. Regeln Florett vs. Degen vs. Säbel, Funktionsweise der elektrischen Trefferanzeige) und Fertigkeiten (z. B. Bewegungsablauf Ausfall, Sozialkompetenz). TrainerInnen können die Lernprozesse ihrer Talente durch gezielte Handlungsanweisungen und die Gestaltung von günstigen Lernbedingungen fördern. Auch der Zeitpunkt, die Häufigkeit und Formulierung von Rückmeldungen wirken sich auf den Lernfortschritt aus. Talente lernen im Verlauf der Karriere bewusst (explizites Lernen) und unbewusst (implizites Lernen) von Vorbildern (Modelllernen) oder durch Konsequenzen des eigenen Handelns (operante Konditionierung). Trainingswissenschaftliche Ansätze und Empfehlungen zur Übungsvariabilität, der Erstellung von Trainingsplänen und der Gestaltung von Transferaufgaben sind dann erfolgreich, wenn sie die Grundpfeiler der Lernpsychologie berücksichtigen.

Entwicklung

Entwicklung beschreibt über das Lernen hinausgehende weitere Veränderungsprozesse im Verlauf eines Lebens, die nicht unbedingt mit Kenntnissen und Fertigkeiten in Verbindung stehen müssen. Entwicklungsprozesse finden dauerhaft, aber in unterschiedlicher Intensität und Geschwindigkeit statt. Sie sind für die Entwicklung von Talenten im Fechten insbesondere dann relevant, wenn sie sogenannte sensible Phasen oder Fenster durchlaufen. Hier sind AthletInnen ganz besonders empfänglich für spezifische Umweltreize, die zur langfristigen Ausbildung von Leistungen auf höchstem Niveau genutzt werden sollten. Im Bereich Psyche ist es oftmals herausfordernd und wenig zielführend mit Teenagern zu Beginn der Pubertät die eigene Emotionsregulation zu besprechen, während für Aspekte der Selbstfindung (z. B. Selbstbild als FechterIn / AthletIn vs. Selbstbild als Mitglied im Clan eines Computerspiels) in dieser Entwicklungsstufe typischerweise eine größere Offenheit herrscht. TrainerInnen und andere wichtige Bezugspersonen können die psychologische Entwicklung ihrer AthletInnen dann unterstützen, wenn sie Entwicklungsaufgaben in den verschiedenen Lebensphasen kennen und entsprechend förderliche Schwerpunkte im Training und Alltag platzieren.

 

Verhalten

Das Verhalten ist neben den oben aufgeführten Aspekten des Erlebens der zweite große Bereich, der in der (Sport-)Psychologie beleuchtet wird. Im Gegensatz zu den vorgestellten Aspekten des Erlebens kann Verhalten von Außenstehenden direkt beobachtet werden. Verhaltensweisen resultieren aus den psychischen Erlebensprozessen, machen diese in Teilen sichtbar und können sie genauso beeinflussen. Ob eine AthletIn sich über einen gesetzten Treffer freut, erfahren Außenstehende nur dann, wenn sie die Freude durch entsprechendes Verhalten auch zeigt - beispielsweise nonverbal mit einer geballten Faust oder verbal mit einem Schrei. Der Einsatz von bestimmten Verhaltensweisen in Routinen während der Erwärmung oder Gefechtspause kann wiederum das Erleben von AthletInnen lenken (z. B. Reduktion von Stressempfinden). Wir unterscheiden allgemeine Verhaltensweisen von sozialen Interaktionen und der sportartspezifischen Psychomotorik. Allgemeine Verhaltensweisen sind universell in verschiedenen Lebensbereichen beobachtbar und dennoch relevant für den Sport (z. B. Körperhaltungen oder Pünktlichkeit). Soziale Interaktionen beziehen weitere Personen in das Verhalten mit ein (z. B. Kommunikationsprozesse, TrainerIn-AthletIn-Beziehung, Teamgefüge und Gruppendynamiken im Mannschaftswettbewerb). Die sportartspezifische Psychomotorik beschreibt insbesondere die koordinativen Aspekte in der fechtspezifischen Bewegungssteuerung (siehe auch Abschnitt Kognition). Im Grunde verfolgt der langfristige Leistungsaufbau das Ziel der Herausbildung von fechtspezifischen Verhaltensweisen, die die AthletInnen zu international konkurrenzfähigen SportlerInnen entwickeln. Gleichzeitig soll im Zuge einer verantwortungsvollen Ausbildung die Handlungsfähigkeit und Gesundheit der Talente auch in anderen Lebensbereichen sichergestellt werden. Die Psychologie schafft die Grundlagen der Handlungssteuerung im Fechtsport und lässt sich über Verhaltensweisen beobachten. Die beiden Bereiche der Psychologie - Erleben und Verhalten - greifen dabei stets ineinander. Veränderungen im allgemeinen Verhalten und der sportartspezifischen Leistung lassen sich also deutlich schneller und nachhaltiger erzielen, wenn die psychologischen Komponenten des Erlebens aktiv berücksichtigt und gefördert werden.

 

 

Die hier beschriebenen psychologischen Aspekte sind im Verlauf der sportlichen Karriere alle dauerhaft relevant, aber in den verschiedenen Ausbildungsphasen unterschiedlich wichtig. In jeder Trainingsetappe erfolgt deshalb eine Schwerpunktsetzung in der Berücksichtigung der psychologischen Aspekte, die sich an den normativen Entwicklungsaufgaben der AthletInnen orientieren.

Ziel des langfristigen Leistungsaufbaus im Bereich Psychologie sind gesunde und erfolgreiche AthletInnen mit einer hoch ausgeprägten und Lebensbereiche übergreifenden Resilienz. Diese beschreibt das Ausmaß an Widerstandsfähigkeit gegenüber Rückschlägen, angemessene Reaktionen auf Probleme und die Verfügbarkeit von Ressourcen, die zur erfolgreichen Herausforderungsbewältigung und ausgewogenen Lebensgestaltung beitragen. Eine ganzheitliche Betrachtung von Talenten im Bereich Psyche ermöglicht es, die Resilienz im langfristigen Leistungsaufbau nachhaltig zu erreichen.

3. Wie gelingt der langfristige Leistungsaufbau im Bereich psychologischer Anforderungen? – Grundhaltungen für eine effektive Potenzialausschöpfung

  • Multidisziplinarität & Kommunikation
    • Die Verantwortung für eine abgestimmte Kombination der Anforderungsbereiche im langfristigen Leistungsaufbau bedeutet für den Bereich Psyche, dass sich an der Talententwicklung Personen mit verschiedenen Expertisen gemeinsam beteiligen und die inhaltliche Arbeit aufeinander abstimmen. Psychologische Aspekte sind in die Ausbildung von Talenten obligatorisch zu integrieren und als solche zu kommunizieren.
  • Bedürfnisorientierung & Angebot
    • Im langfristigen Leistungsaufbau psychologischer Kompetenz stehen die individuellen Bedürfnisse der AthletInnen im Zentrum. Der Bedarf an Unterstützung ändert sich im Verlauf der Karriere einer FechterIn. Auch zwischen Personen variiert die Nachfrage stark. Regelmäßige Angebote zur freiwilligen sportpsychologischen Betreuung gewährleisten einen optimalen Entwicklungsverlauf.
  • Offenheit & Professionalisierung
    • Für den Bereich Psyche sollte AthletInnen spätestens ab dem Altersbereich U15 eine externe professionell ausgebildete Ansprechperson angeboten werden. Ab ungefähr diesem Altersbereich sind psychologische Entwicklungsprozesse in einer angemessenen Qualität nicht mehr allein durch TrainerInnen abzuleisten.[1]

 


[1]Verbandspsychologe Martin Leo Reinhard (m.reinhard(at)fechten.org) unterstützt bei Bedarf gerne bei der Vermittlung geeigneter sportpsychologischer ExpertInnen.

Lesetipps

Baumann, S. (2009). Psychologie im Sport. Psychische Belastungen meistern, mental trainieren, Konzentration und Motivation. Aachen: Meyer & Meyer Verlag; ISBN 978-3840376016

Baumann, S. (2016). Psychologie im Jugendsport. Der Einfluss der Pubertät, die Auswirkungen auf das Lernen, die Rolle des Trainers. Aachen: Meyer & Meyer Verlag; ISBN 978-3840375088

Bedürftig, C. (2018). Systemisches Coaching im Leistungssport. Wiesbaden: Springer; ISBN 978-3658154004

Eberspächer, H. (2012). Mentales Training: Das Handbuch für Trainer und Sportler. Stiebner Verlag GmbH.

Engbert, K. (2011). Mentales Training im Leistungssport: Ein Übungsbuch für den Schüler-und Jugendbereich. Neuer Sportverlag.

Linz, L. (2009). Erfolgreiches Teamcoaching: ein sportpsychologisches Handbuch für Trainer. Meyer & Meyer Verlag.

Sygusch, R. (2008). Selbstkonzeptförderung im Jugendsport – Zufall oder zielgerichtet? In A. Conzelmann & F. Hänsel (Hrsg.), Sport und Selbstkonzept. Struktur, Dynamik und Entwicklung (S. 140–156). Schorndorf: Hofmann

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